Arbeitswelt
Was macht der Wasserverbund Region Bern (WVRB) ?
Er versorgt rund 250 000 Menschen in 17 Gemeinden der Region Bern – inklusive der Stadt Bern – mit Trink-, Brauch- und Löschwasser. Geschäftsführer Martin Frey bezeichnet das Unternehmen auch als « Grossist für Trinkwasser ».
Wie viel Wasser verbrauchen die Menschen in der Region Bern ?
Pro Jahr werden in den 17 Gemeinden des Verbunds 22 Millionen Kubikmeter Trinkwasser verbraucht. Das entspricht 22 Milliarden Litern Wasser. Zum Vergleich : Ein olympisches Wettkampfbecken ist 50 Meter lang, 25 Meter breit und mindestens 2 Meter tief – und fasst damit gut 2,5 Millionen Liter Wasser. Ein Zehntausendstel des Jahresverbrauchs der Region Bern. Pro Tag beziehen die Menschen in und um Bern durchschnittlich 60 Millionen Liter Wasser, an Spitzentagen sind es 90 Millionen Liter.
Darf das Wasser auch zum Bewässern gebraucht werden – zum Beispiel in einem heissen Sommer von der Landwirtschaft ?
« Das ist eine der grossen Fragen, die uns in Zukunft beschäftigen wird », sagt Martin Frey. Grundsätzlich entscheiden die Aktionäre des Verbunds – also die Gemeinden – wer ihr Wasser wie nutzen darf. Allerdings wird das teuer : 90 Prozent der Beiträge, die sie an den WVRB bezahlen, werden basierend auf den 10 Tagen im Jahr verrechnet, an denen sie am meisten Wasser beziehen. « Unsere Aktionäre haben also ein Interesse daran, mit dem Trinkwasser, das wir liefern, sparsam umzugehen », sagt Martin Frey. Und fügt an : « Wasserversorgungen sind nicht darauf ausgelegt oder dimensioniert, landwirtschaftliche Bewässerungen sicherzustellen. » Um eine Hektare Kulturland einmal bewässern zu können, brauche es gleich viel Wasser, mit dem 2500 Personen einen Tag versorgt werden können. Zum Vergleich : ein durchschnittlicher Schweizer Bauernbetrieb bewirtschaftet mehr als 20 Hektaren, und es gibt rund 45 000 Betriebe im Land.
Apropos Landwirtschaft : Da war doch was mit Düngemitteln oder Pestiziden im Trinkwasser ?
In den letzten Jahren wurden an verschiedenen Orten der Schweiz – auch im Einzugsgebiet des WVRB – hohe Chlorothalonil-Werte gemessen. « Wir haben hier einen Zielkonflikt », sagt Frey. « Die Menge der Dünge- und Pflanzenschutzmittel, die in der Landwirtschaft oder von Privaten legal eingesetzt werden dürfen, ist offenbar so hoch, dass die Rückstände, die ins Trinkwasser gelangen, höher sind, als in sauberem Trinkwasser erlaubt wäre. » Was tun – und wer ist schuld ? « Das Ganze ist komplex und lässt sich nicht so einfach beantworten », sagt Frey. Bezüglich Chlorothalonil-Höchstwerten wartet die ganze Branche auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, das Klarheit bringen soll.
Ist denn Trinkwasser überhaupt noch sauber ?
« Ja », sagt Martin Frey. « Wir erfüllen die Vorgaben für Lebensmittel – und die wurden in den letzten 20 Jahren regelmässig verschärft. » Allerdings gibt er zu bedenken, dass diese Qualität nicht gottgegeben und selbstverständlich sei. So bereiten Rückstände von Medikamenten, Abrieb von Antihaft-Beschichtungen oder Mikroplastik den Fachleuten durchaus Kopfschmerzen. Aktuell ist das Wasser des WVRB so sauber, dass es einzig mit UV-Licht desinfiziert wird, bevor es ins Leitungsnetz eingespiesen wird. « Wenn wegen dieser Mikro-Verunreinigungen ein mehrstufiger Reinigungsprozess installiert werden müsste, würde das einen enormen finanziellen und technischen Aufwand bedeuten », sagt Frey. Was er nicht sagt – aber eigentlich uns allen klar sein müsste :
Je nachdem, wie wir mit solchen Stoffen umgehen, können wir selber zur Lösung beitragen oder Teil des Problems werden.
Wie viel Technik und Infrastruktur steckt heute schon in der Wasserversorgung ?
Viel, sehr viel. Der WVRB ist verantwortlich für 200 Kilometer Transportleitungen, 30 Pumpwerke, 25 Reservoire, 5 Grundwasserfassungen und eine Quelle. Hinzu kommt die Technologie, die es braucht, um dieses komplexe Netzwerk zu steuern.
« Wenn wir nicht mehr Wasser mittels einer Druckerhöhungsanlage in einen höher gelegenen Ortsteil fördern müssen, weil eine noch höher gelegene Gemeinde im Verbund ein Reservoir hat, vereinfacht das vieles. »
Martin Frey
Zum Verbund gehören 17 Gemeinden. Macht das die Sache nicht noch viel komplizierter ?
Jein. Ja, das Netzwerk ist komplex. Nein, weil viel Geld gespart werden kann. Seit 2007 hat der WVRB nicht nur 8 neue Gemeinden eingebunden und 180 Millionen Franken investiert, sondern auch Anlagen im Wert von zirka 120 Millionen Franken stilllegen können. « Wenn wir nicht mehr Wasser mittels einer Druckerhöhungsanlage in einen höher gelegenen Ortsteil fördern müssen, weil eine noch höher gelegene Gemeinde im Verbund ein Reservoir hat, aus welchem wir den besagten Ortsteil versorgen können, vereinfacht das vieles », sagt Frey. Und fügt an : « Zudem hat das breite Netzwerk den Vorteil, dass wir sofort Ersatz zur Verfügung stellen können, wenn irgendwo etwas ausfällt. »
8. Vernetzung mag gut klingen. Aber ist es nicht gefährlich, wenn alle Anlagen miteinander verbunden sind, weil eine Attacke das ganze Steuerungssystem lahmlegen könnte ?
« Den Cyberangriffen sind wir genauso ausgesetzt wie alle anderen Teilnehmer im Internet », sagt Martin Frey. « Mit unseren externen Netzwerkspezialisten und der Umsetzung der aktuellen Sicherheitsstandards überwachen wir hier laufend alle Zugänge vollautomatisch », versichert er. Und : « Die eigentlichen Datennetzwerke zur Steuerung unserer Anlagen sind aber komplett vom Internet abgekoppelt. Seit einigen Jahren baut der WVRB auch überall, wo er Leitungen baut oder erneuert, einen eigenen Kabelkanal mit Glasfaser-Verbindungen ein ». Damit bestehe keine Abhängigkeit von externen Diensten und Providern, was die Verfügbarkeit und Sicherheit zusätzlich erhöhe.
In Sachen Wasserversorgung sorgten zuletzt auch Fälle für Schlagzeilen, in denen ausländische Investoren sich Quellen in der Schweiz kauften. Kann das auch beim WVRB passieren ? Immerhin ist eine privatrechtlich organisierte AG.
« Die Hürden sind hoch », sagt Martin Frey. Die grösste dieser Hürden : Wer Aktionär werden will, muss nach bernischem Recht steuerbefreit sein und eine öffentliche Aufgabe wahrnehmen. Das tun zum Beispiel Gemeinden oder Gemeindeverbände. « Damit ist ein Engagement von Privaten praktisch ausgeschlossen », sagt Frey. Und selbst wenn : In den Statuten des Verbunds ist immer noch sehr genau definiert, welche Aufgaben er wahrzunehmen hat. Von Gewinnoptimierung für Private ist da nicht die Rede.
Der WVRB feiert heuer sein 50-jähriges Bestehen. Warum wurde er eigentlich gegründet ?
In den 1970er-Jahren wollte die Stadt Bern eine neue Grundwasserfassung bauen. Sie erhielt die Konzession jedoch nur unter der Bedingung, dass sie auch andere Gemeinden versorgt. 1997 – nach 20-jährigem Rechtsstreit um die Frage, ob eine Grundwasserfassung im geschützten Auengebiet legal sei – nahm der WVRB in der Belpau das Werk in Betrieb, das er selber gebaut hatte. 2007 übernahm der Verband dann alle Primäranlagen – Quellen, Grundwasserfassungen, Pumpwerke, Reservoire und Leitungen – von den Verbundsgemeinden. Heute versorgt er die Gemeinden von Worb bis nach Frauenkappelen und von Kehrsatz bis Zollikofen.
Ist damit das Wachstum des Verbunds abgeschlossen ?
Nein. Zwar hat der Verwaltungsrat für die Jahre 2020 bis 2025 eine Phase der Konsolidierung ausgerufen, die dazu diente, die Organisation zu festigen. Doch neue Mitglieder stehen vor der Tür : Der Anschluss von Wichtrach ist bereits beschlossene Sache. Auf « guten Wegen » sei der Anschluss der Wagra, die heute die Gemeinden Münchenbuchsee, Urtenen-Schönbühl, Bäriswil, Mattstetten sowie den Gemeindeverband Wasserversorgung Surenhorn mit ihren insgesamt 11 Gemeinden mit Trinkwasser versorgt. Die zuständigen Organe stimmen über diesen Beitritt noch ab. Ziel ist, diese Aktionäre per 1. Januar 2025 in den WVRB aufzunehmen.
Haben wir denn überhaupt genügend Wasser in Zukunft ?
« Ja, für die Bereitstellung des Trink-, Brauch- und Löschwassers im Siedlungsgebiet », sagt Martin Frey. Der WVRB bezieht den grössten Teil seines Wasser aus Grundwasserfassungen. « Der Grundwasserpegel ist seit Jahren mehr oder weniger mit saisonalen Schwankungen stabil, das belegen auch Studien. » Der Vorteil sei, dass die Grundwasserneubildung vorwiegend im Winterhalbjahr stattfinde, auch wenn es « nur » regne und nicht schneie. « Die Niederschlagsmengen im Winter waren in den vergangenen Jahren stabil und auch die Modelle für die Zukunft stimmen uns diesbezüglich zuversichtlich. »
Der Wasserverbund Bern mit seinem Sitz vis-à-vis vom Tierpark Dählhölzli setzt seit Jahren auf unser hochverfügbares Business Fiber Internet. Für eine reibungslose Telefonie betreibt mobile4business eine virtualisierte Starface-Lösung, welche von allen Mitarbeitenden auch ortsunabhängig genutzt werden kann.